HEMPELS Verkäuferin auf dem Wochenmarkt

"Schwarzverkauf schadet uns und unseren Verkaufenden"

Über 200 Menschen verkaufen unsere Hefte in Städten und Dörfern Schleswig-Holsteins – und die allermeisten halten sich dabei an die vereinbarten Regeln. Trotzdem kommt es vor, dass jemand ohne gültigen Verkaufsausweis HEMPELS anbietet. Oder es nicht an seinem festen Verkaufsort tut. Wie wir auf diesen Schwarzverkauf reagieren, erklärt unsere Vertriebsleiterin Cara Salto

Schwarzverkauf bei HEMPELS – was genau bedeutet das?
Cara Salto: Schwarzverkauf hat bei uns verschiedene Formen. Zum Beispiel, dass eine Person Hefte ohne gültigen Verkaufsausweis anbietet – also entweder gar keinen Ausweis besitzt oder nur einen alten, der inzwischen abgelaufen ist. Außerdem handelt es sich um Schwarzverkauf, wenn eine Person zwar einen gültigen Ausweis hat, aber nicht am zugewiesenen Platz verkauft. Und wir sprechen auch von Schwarzverkauf, wenn Menschen in Schleswig-Holstein – außer in Neumünster, wo wir nicht verkaufen – ein Straßenmagazin anbieten, das nicht HEMPELS ist.

Magazine erhält in den HEMPELS-Ausgabestellen doch nur, wer einen gültigen Verkaufsausweis vorweist. Wie können Menschen ohne diesen dennoch an Hefte kommen?
Genau können wir das natürlich nicht sagen. Häufig geben Verkäuferinnen oder Verkäufer mit gültigem Ausweis ihre Exemplare weiter. Das heißt, sie verkaufen sie an Menschen ohne Ausweis. Wir versuchen das nachzuvollziehen, indem wir auf jedes Heft die Nummer des Verkäufers beziehungsweise der Verkäuferin stempeln. Deswegen ist es wichtig, dass unsere Leserinnen und Leser darauf achten, ob sie oben links auf der Titelseite eine Nummer im weißen Kasten sehen. Wenn das Feld geschwärzt, ausgeschnitten oder durchgestrichen ist, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um Schwarzverkauf handeln könnte.

Und im Gegensatz zum Schwarzverkauf: Wie sollten Verkäuferinnen und Verkäufer das Straßenmagazin im Idealfall anbieten?
Wer Verkäuferin oder Verkäufer von HEMPELS werden möchte, muss sich an unsere Verkaufendenbetreuung wenden. Wir nehmen uns dann viel Zeit, um unsere Regeln zu erklären. Dazu zählt, dass man nur mit Ausweis und an einem festen sowie zugeteilten Platz verkaufen darf. Und dass Betteln oder der Konsum von Alkohol oder Drogen während des Verkaufs verboten ist. Neue Verkaufende bekommen einen auf vier Wochen befristeten Ausweis und dürfen zunächst nur in der Innenstadt verkaufen. Wenn alles gut funktioniert, bekommt sie danach ihren "richtigen" Ausweis. Und wir besprechen gemeinsam, welcher feste Standort sich am besten für ihre Lebenssituation eignet.

Wie groß ist das Problem? Gibt es viele Menschen, die HEMPELS schwarz anbieten? Oder halten sich die meisten an die Verkaufsregeln?
Der allergrößte Teil hält sich zum Glück daran. Aber es ist wie auch sonst im Leben: Ausnahmen gibt es überall. Und um das einmal wirklich deutlich zu machen: Menschen, die ohne Ausweis verkaufen, sind eben keine Verkaufenden von uns! Allerdings kann es vorkommen, dass sich auch mal jemand von unseren Verkaufenden nicht an die Regeln hält. Wenn wir davon etwas mitbekommen, suchen wir das Gespräch, um zu klären, was da los war. Wenn uns so etwas aber häufiger gemeldet wird oder es viele Beschwerden gibt, dann verliert die betreffende Person ihren Ausweis und darf nicht weiter verkaufen.

Gibt es Zeiten und Orte, an denen ihr besonders oft Schwarzverkäufe beobachtet?
Vor allem rund um Großveranstaltungen. Ganz besonders auffällig ist es zur Kieler Woche oder auf Weihnachtsmärkten. Dabei kommt es häufig zu Beschwerden über Verkaufende ohne Ausweis, die aufdringlich sind oder betteln. Oder im schlimmsten Fall eine verkaufte Zeitung nicht herausgeben. Weihnachtsmärkte gibt es ja auch außerhalb unseres Verkaufsgebiets, aber zur Kieler Woche reisen außerdem viele Verkaufende anderer Straßenmagazine hierher. Weil sie die Möglichkeit sehen, schnell Geld zu verdienen.

Warum sollte HEMPELS eigentlich nicht außerhalb von Schleswig-Holstein verkauft werden – und andersherum keine Straßenmagazine aus anderen Bundesländern beispielsweise auf der Kieler Woche?
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen praktikable: Bei uns gelten die erwähnten Regeln, an die sich unsere Verkaufenden halten müssen. Und das wollen wir auch kontrollieren. Dabei ist es schon schwierig genug, im Flächenland Schleswig-Holstein alle Verkaufsorte abzudecken – eine Kontrolle in anderen Bundesländern ist einfach unmöglich. Zum anderen gibt es "historische" sowie redaktionelle Gründe. Als HEMPELS Mitte der 90er Jahre ins Leben gerufen wurde, starteten zeitgleich und unabhängig voneinander auch andernorts in Deutschland ähnliche Projekte wie beispielsweise "Hinz&Kunzt" in Hamburg. Viele Straßenmagazine haben sich untereinander darauf geeinigt, wer wo verkaufen darf – und wo eben nicht. Auch inhaltlich würde es wenig Sinn ergeben, wenn wir HEMPELS in anderen Städten anbieten. Wir verstehen uns schließlich als Straßenmagazin für Schleswig-Holstein; darauf liegt der Fokus in unserer Berichterstattung, gerade wenn es um sozialpolitische Themen geht. Und auch die meisten anderen deutschen Straßenmagazine haben einen klaren regionalen Bezug.

Arbeitet ihr beim Thema "Schwarzverkauf" mit anderen Magazinen zusammen?
Ja, ganz eng! Wir stehen in regelmäßigem Austausch; da gibt es ganz viel Unterstützung und keine Konkurrenz. Wir engagieren uns alle auf sehr ähnliche Weise und wollen mit den Verkaufsregeln nicht einschränken, sondern unseren Verkäuferinnen und Verkäufern die bestmögliche Hilfe garantieren. Aus diesen Gründen haben die anderen genau wie wir ein Interesse daran, dass ihr Magazin nur in ihrer Stadt und Region verkauft wird.

Was könnten die Gründe sein, warum jemand gegen unsere Verkaufsregeln verstößt? Und könnt ihr nachvollziehen, wie es dazu kommt?
Zum Teil schon. Es kann ja passieren, dass jemand gesundheitsbedingt einmal nicht verkaufen kann, die Familie oder die Angehörigen aber auf die Einnahmen angewiesen sind. Dann kann ich aus persönlicher Perspektive natürlich nachvollziehen, dass sich vielleicht die Ehefrau oder der Ehemann an den Platz der erkrankten Person stellt. Man sollte nicht vergessen, dass Menschen HEMPELS aus einer finanziellen Notsituation heraus verkaufen.

Warum ist Schwarzverkauf aus Sicht von HEMPELS überhaupt ein Problem? Was bedeutet er für den Verein? Und was für die Verkäuferinnen und Verkäufer, die sich an die Regeln halten?
Das muss man sich von Fall zu Fall anschauen. Wenn jemand ein anderes Straßenmagazin in unserem Verkaufsgebiet anbietet, landen dadurch natürlich keine Einnahmen bei uns. Und Kundinnen und Kunden, die sich in einem Monat schon ein Straßenmagazin gekauft haben, werden sich wahrscheinlich nicht noch ein weiteres kaufen. Das bedeutet also eine weniger verkaufte HEMPELS-Ausgabe. Und wir sind – wie die meisten anderen Printmedien – von unseren Verkaufszahlen abhängig. Auch auf ihnen basiert unser Engagement zugunsten wohnungsloser und bedürftiger Menschen! Problematisch ist außerdem, wenn Menschen unser Magazin ohne gültigen Ausweis verkaufen: Denn wir haben die Beobachtung gemacht, dass diese sich häufig nicht an die Verkaufsregeln halten. Dass sie den Kundinnen und Kunden gegenüber aggressiv auftreten oder ihnen manchmal sogar, nachdem diese bezahlt haben, das Magazin nicht geben wollen. Womöglich geben sie ihnen ein schadhaftes Magazin oder drücken ihnen sogar etwas komplett anderes wie einen Supermarkt-Prospekt in die Hand. Das wirft dann leider ein schlechtes Licht auf alle Verkäuferinnen und Verkäufer, obwohl die allermeisten sich an die Regeln halten. Und Käuferinnen und Käufer, die eine solch schlechte Erfahrung gemacht haben, werden eher nicht noch einmal unser Heft erwerben. Insofern schadet der Schwarzverkauf uns als Verein und unseren Verkaufenden.

Woran erkennen unsere Leserinnen und Leser, dass jemand HEMPELS schwarz verkauft?
Am Ausweis. Alle Verkaufenden sind verpflichtet, ihn sichtbar zu tragen. Ein Muster findet sich in jeder HEMPELS-Ausgabe rechts unten auf der dritten Seite. Auf dem Ausweis befindet sich ein Bild der Verkäuferin oder des Verkäufers sowie Angaben zur Gültigkeit und der persönlichen Verkaufenden-Nummer. Diese sollte mit der gestempelten Nummer auf der Titelseite übereinstimmen.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man jemanden beobachtet, der unser Magazin anbietet und dabei offenkundig gegen Regeln verstößt?
Dann kann man uns entweder eine E-Mail an vk-betreuung@hempels-sh.de schicken oder uns unter der Telefonnummer (0431) 67 93 98 02 anrufen, um uns den Fall zu schildern.

Vermutlich wollen viele keine "Petze" sein – und vielleicht haben manche auch ein gewisses Verständnis für Verkaufende, die sich nicht an die Vereinbarungen halten. Was ratet ihr ihnen?
Am Ende ist es eine Sache des eigenen Ermessens. Ich würde mich erst einmal selbst fragen: Wie schlimm ist dieser Verstoß? Wenn zum Beispiel einer unserer Verkäufer heimlich um eine Ecke hinter seinem Verkaufsplatz einen Schnaps trinkt, sich aber niemand davon gestört fühlt und es nicht unangenehm auffällt, würde ich es einfach auf sich beruhen lassen. Das tut ja niemandem weh! Anders ist es, wenn sich jemand von einem Verstoß belästigt fühlt, wenn ihm das Magazin aufgedrängt wird oder der Verkäufer beziehungsweise die Verkäuferin bettelt. Wer so etwas beobachtet, soll sich bitte an uns wenden.

Was folgt daraufhin? Welche Sanktionen sprecht ihr aus?
Je nach "Schwere" des Vergehens haben wir abgestufte Maßnahmen. So können wir die Leute erst einmal sperren: Manchmal reichen da schon ein oder zwei Wochen. Wenn so etwas häufiger vorkommt oder das Verhalten wirklich unangemessen war, können die Leute ihren Verkaufsausweis aber auch ganz verlieren und eine lebenslange Sperre bekommen. Natürlich gehen wir nicht leichtfertig mit solchen Sanktionen um – wir wissen ja, was vielen Menschen der HEMPELS-Verkauf bedeutet. Dass sie darauf angewiesen sind.

Habt ihr den Eindruck, dass viele unserer Verkäuferinnen und Verkäufer verstehen, warum beim HEMPELS-Verkauf bestimmte Regeln gelten?
Ich denke schon. Es geht ja vor allem beim festen Verkaufsplatz darum, dass sich die Menschen eine eigene Routine aufbauen und zugleich eine soziale Einbindung erfahren durch ihre Stammkundschaft. Dass das gelingt, bekommen wir von beiden Seiten zurückgemeldet: Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer berichten uns häufig, wie nett die Käuferinnen und Käufer sind. Umgekehrt bekommen wir regelmäßig Anrufe von Leserinnen und Lesern, die sich besorgt nach "ihren" Verkaufenden erkundigen, wenn sie diese einmal längere Zeit nicht am gewohnten Verkaufsort angetroffen haben. Dieses besondere Vertrauensverhältnis ist eben auch ein Resultat der Regeln, weshalb die allermeisten sie akzeptieren.

INTERVIEW: GEORG MEGGERS