HEMPELS Verkäufer im Café

"Nicht jammern, sondern Lunchpakete basteln"

Mit Schutzhandschuhen, Sicherheitsabstand und viel Einsatz: Trotz Corona-Krise engagiert sich Thomas Grümmer von der Lübecker Vorwerker Diakonie für Wohnungslose und Bedürftige

TEXT: GEORG MEGGERS, FOTO: PETER WERNER

"An mich denke ich weniger. Ich habe mir diesen Job ausgesucht – und dazu gehört, dass ich Bedürftigen auch in Krisenzeiten helfe", sagt Thomas Grümmer am Telefon. Der Lübecker arbeitet bei der Vorwerker Diakonie in der Hansestadt. Zudem betreut er rund 30 Verkäuferinnen und Verkäufer unseres Straßenmagazins in Lübeck und Umland.

Als man ihn erreicht, ist Thomas Grümmer zu Fuß auf dem Heimweg von seiner Arbeit. Die Sonne strahlt ins Kieler Homeoffice, in Lübeck – am anderen Ende der Leitung – zwitschern Vögel im Hintergrund. Frühlingsstimmung kommt im Gespräch trotzdem nicht auf. Thomas Grümmer erzählt, wovon er jeden Tag erfährt: den Folgen der Corona-Pandemie für bedürftige und wohnungslose Menschen.

Um Verkaufende sowie Leserinnen und Leser vor einer Infektion zu schützen, musste HEMPELS am 20. März den Verkauf des Straßenmagazins vorerst einstellen. Eine richtige Entscheidung, die uns trotzdem ganz schwer fiel. Denn für viele bedürftige Frauen und Männer in Schleswig-Holstein brach damit ihre einzige Möglichkeit weg, sich einen kleinen Zuverdienst zu erarbeiten. "Richtig bitter für unsere Leute, denen es eh schon an allen Ecken und Enden fehlt", sagt Thomas Grümmer.

Von montags bis freitags hält der 50-Jährige in der Zentralen Beratungsstelle (ZBS) der Vorwerker Diakonie die Stellung. Seit Beginn der Corona-Krise oft auch am Wochenende. "Zu Hause wäre mir nicht langweilig, keine Sorge – aber der Job muss halt gemacht werden." Vor der Krise waren oft 50 Menschen zeitgleich im Gebäude der ZBS, einem historischen Stadthaus auf der Lübecker Altstadtinsel. Aufgrund der Schutzmaßnahmen nun maximal vier: zwei in der Eingangshalle und jeweils eine Person im Innenhof sowie im ersten Stock, in dem auch Thomas Grümmer sein Büro hat. Ein Großteil der ZBS-Besucher gehört zur Risikogruppe, "wir müssen also ganz besonders aufpassen".

Dank zahlreicher Spenden von Privatleuten und Stiftungen kann HEMPELS den Straßenverkaufenden mit einer einmaligen Soforthilfe von 50 Euro ein wenig unter die Arme greifen. Stets mit Schutzhandschuhen und unter Einhaltung des Mindestabstandes geben Thomas Grümmer und seine Kolleginnen und Kollegen in der ZBS das Geld aus. "Das ist ganz, ganz wichtig für sie: Es geht darum, ob sie was im Kühlschrank haben oder nicht."

Einige Einrichtungen, in denen Bedürftige sonst günstige oder kostenlose Mahlzeiten bekommen, mussten aufgrund der Corona-Krise vorübergehend schließen. Dies verschärft die Not zusätzlich. Thomas Grümmer und das ZBS-Team "basteln deshalb Lunchpakete", wie er sagt, die sie an ihre Besucher ausgeben. Die Bäckerei Junge spendet Brötchen, die Firma Brüggen Müsliriegel. Äpfel, Eier und Aufstrich bezahlen die Mitarbeiter aus der ZBS-Kasse. Die Nachfrage nach den Carepakten sei groß.

"Für Bedürftige machen zwei, drei Brötchen mehr oder weniger am Tag einen gewaltigen Unterschied", sagt Thomas Grümmer, der inzwischen fast zu Hause angekommen ist. Sein Kühlschrank dort ist voll. "Also: Nicht jammern, sondern Lunchpakete basteln!"

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Ob bei uns bei HEMPELS oder bei anderen Trägern in Schleswig-Holstein – angesichts der Corona-Krise mussten soziale Beratungs- und Versorgungsangebote überall ihre Erreichbarkeit vorübergehend stark reduzieren und in einen Notbetrieb übergehen. Für die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das mit ganz besonderen Herausforderungen verbunden. In loser Folge stellen wir an diesem Ort Menschen vor, deren Hilfe jetzt mehr denn je gefordert ist.

Thomas Grümmer, Mitarbeiter der Vorwerker Diakonie und HEMPELS-Verkäuferbetreuer, in seinem Büro.