Haben Bezieher von Bürgergeld nach dem SGB II Mietschulden, können diese nach § 22 Abs. 8 SGB II vom Jobcenter übernommen werden. Voraussetzung ist, dass die Schuldenübernahme zur Sicherung der Wohnung "gerechtfertigt" ist. Sie müssen übernommen werden, wenn die Schuldenübernahme erforderlich ist, um den Wohnungsverlust abzuwenden. Wohnungsverlust droht spätestens dann, wenn der Vermieter die Wohnung wegen der Mietrückstände gekündigt hat oder schon eine Räumungsklage anhängig gemacht hat.
Nicht "gerechtfertigt" ist eine Übernahme u. a. allerdings dann, wenn durch die Schuldenübernahme das Mietverhältnis nicht mehr erhalten werden kann. Das kann dann der Fall sein, wenn der Vermieter nicht nur die fristlose Kündigung, die durch Zahlung der Mitschulden geheilt werden kann, sondern auch die fristgerechte Kündigung ausgesprochen hat und nicht bereit ist, es fortzusetzen. Das mit einem solchen Fall befasste Jobcenter oder Sozialgericht muss dann prüfen, ob die fristgerechte Kündigung (hier nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) des Vermieters wirksam ist.
An der Wirksamkeit einer fristgerechten Kündigung kann es etwa fehlen, wenn die Kündigung für die Mieter eine besondere Härte darstellt (§ 574 Abs. 1 BGB) oder das Recht zur ordentlichen Kündigung wegen länger zurückliegender Mietunterzahlungen verwirkt ist (LG Leipzig, Urteil vom 12.05.2020, 2 S 401/19 – 2 Jahre zurückliegende Unterzahlungen). Trotz dieser klaren zivilrechtlichen Rechtslage hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht in einem Fall, in dem eine Kündigung wegen Mietrückständen aus März bis August 2020 erst im Dezember 2023 ausgesprochen wurde, die Rechtsauffassung vertreten, dass sich die fristgerechte Mietraumkündigung nicht mehr abwenden lasse. Mit der von hieraus dargelegten zivilrechtlichen Rechtsprechung zur Verwirkung hat sich das Gericht bedauerlicherweise nicht auseinandergesetzt. (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.12.2023, L 6 AS 127/23 B ER)
Wir veröffentlichen jeden Monat ein Urteil, das für Bezieher/innen von Bürgergeld sowie anderen Sozialleistungen von Bedeutung ist. Unsere Servicerubrik entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kieler Rechtsanwalt Helge Hildebrandt. Der Experte für Sozialrecht veröffentlicht zudem unter www.sozialberatung-kiel.de einen Blog.