Das Merkzeichen G, welches bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr zuerkannt wird und neben Vergünstigungen bei der Nutzung des ÖPNV auch zu einem Mehrbedarfsanspruch von 17 % beim Bürgergeld (§ 23 Nr. 4 SGB II) und der Altersgrundsicherung (§ 30 Abs. 1 SGB XII) führt, setzt bereits nach dem klaren Wortlaut der Versorgungsmedizin-Verordnung (Teil D 1.) keine mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 voraus.
Die Klägerin leidet bereits seit langer Zeit an dissoziativen Lähmungserscheinungen, welche auf einer psychischen Erkrankung beruhen und temporär zu einem partiellen oder vollständigen Verlust der Kontrolle ihrer Körperbewegungen führen. Ihren Antrag auf die Zuerkennung des Merkzeichens G hatte das Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein mit der Begründung abgelehnt, bei der Klägerin sei eine mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung mit einem GbB von 50 bei sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen.
Obwohl das Gericht das Landesamt in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich darauf hinwies, dass in der VersMedV (Teil D 1.) ein mobilitätsbezogener GbB von 50 gar nicht gefordert wird und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei Zusammenwirken von orthopädischen und psychischen Gesundheitsstörungen das Merkzeichen G festgestellt werden kann, selbst wenn die orthopädische Gesundheitsstörung den in Teil D d) der VersMedV geforderten GdB von 40 nicht erreicht, sah sich das Landesamt nicht zu einem Klageanerkenntnis imstande und musste antragsgemäß verurteilt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens G bei der Klägerin festzustellen.
Betroffenen ist zu raten, Bescheide des Landesamts für soziale Dienste Schleswig-Holstein fachkundig prüfen zu lassen, da teilweise nicht einmal mehr das geltende Recht richtig angewendet wird. (SG Kiel, Urteil vom 25.04.2024, S 15 SB 130/20)
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